Biosphärengebiete
- umfassen großräumige Kulturlandschaften mit charakteristischer und reicher Naturausstattung, die zu erhalten, zu fördern und zu entwickeln sind.
- erhalten mit dem Prädikat „Biosphärengebiet“ eine besondere Anerkennung und Auszeichnung.
- sind Modellregionen, die beispielhaft zeigen sollen, wie sich Aktivitäten im Bereich der Wirtschaft, der Siedlungstätigkeit und des Tourismus zusammen mit den Belangen von Natur und Umwelt gemeinsam innovativ fortentwickeln können.
Deswegen spielen hier auch das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sowie die begleitende Forschung und Beobachtung (Monitoring) eine Rolle. Aber auch der Austausch und die Kommunikation zwischen verschiedenen Interessensgruppen ist dabei elementar.
Erklärvideo am Beispiel des Biosphärenreservates Rhön
Ein Biosphärengebiet hat zum Ziel
- die nachhaltige wirtschaftliche Nutzung mit der Erhaltung und Weiterentwicklung der Natur- und Kulturlandschaft zu verknüpfen und positiv zu gestalten und somit auch
- den Zugang zu Ressourcen und faire sowie lebenswerte Lebensbedingungen auch für kommende Generationen zu sichern.
Es geht hierbei also nicht um klassischen Naturschutz, sondern um einen interdisziplinären Ansatz: der Mensch als Teil des Lebensraumes (Biosphäre) steht im Vordergrund.
Es handelt sich hierbei um gemeinsam, über Verwaltungsgrenzen hinweg, initiierte und umzusetzende Regionalentwicklung, mit dem Ziel unseren Lebensraum – auch für die kommenden Generationen – anhand von Einzelprojekten lebenswert zu gestalten.
Für die Umsetzung der Projekte gibt es ein eigenes Förderprogramm und es werden weitere Fördermittelgeber durch eine Geschäftsstelle akquiriert.
Weitere Informationen zu der Finanzierung eines Biosphärengebietes und dem organisatorischen Aufbau eines Biosphärengebietes finden Sie hier.
Erklärvideo - Animation
Zur Entstehung von Biosphärenreservaten bzw. -gebieten
Ein fachübergreifendes Wissenschaftsprogramm
Entstanden sind die Modellregionen aus dem Mensch-und-die-Biosphäre-(MAB)-Programm, welches ursprünglich als interdisziplinäres Wissenschaftsprogramm gegründet worden ist. Auf der 16. Generalkonferenz der UNESCO im Jahr 1970 ins Leben gerufen, war es das erste zwischenstaatliche Umweltprogramm, das der Weiterentwicklung und der Erforschung der Mensch-Umwelt-Beziehungen diente.
2. Weltkongress in Sevilla
Mit der Konferenz von Sevilla März 1995, dem zweiten Weltkongress der Biosphärenreservate, wurde das Programm neu gestaltet, und folgt seither dem Exempel, dass der Schutz der biologischen Vielfalt nicht isoliert von den Bedürfnissen der Menschen gesehen werden kann.
Seit dem werden Biosphärenreservate als Schutzgebiete für den gemeinsamen Lebensraum von Mensch und „Natur“ gesehen – als ein ganzheitliches System, der Biosphäre. Neben Naturschutz-Anliegen kamen u.a. auch Kulturgutschutz und Bildungsziele hinzu, wodurch sie Modellgebiete und Lernregionen für nachhaltige Entwicklung wurden. Seit dem Fokus auf die praktische Fortentwicklung der Biosphärenreservate dient das MAB-Programm als Instrument zur Umsetzung der 1992 in Rio de Janeiro ausgehandelten Agenda 21 und der dort beschlossenen Umweltabkommen, z. B. dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt.
3. und 4. Weltkongress in Madrid und Lima
Ein auf dem 3. Weltkongress der Biosphärenreservate im Februar 2008 in Madrid beschlossener Rahmenplan passte das Konzept der Biosphärenreservate dann konkret an die geänderten Ziele und Rahmenbedingungen des 21. Jahrhunderts an, und berücksichtigt dabei andere internationale Maßnahmen im Klimaschutz (Kyoto etc.) und in Fragen der Globalisierung. Der Aktionsplan von Lima 2016 – 2025 fordert die Biosphärenreservate auf, sich als Modellregionen zur Erreichung der globalen Ziele nachhaltiger Entwicklung der Agenda 2030 zu verstehen und zu positionieren.
Heutige Ausrichtung des Programms
Damit liegt die Hauptaufgabe der Biosphärenreservate heute in Bereitstellung von Ökosystemleistungen aller Art, d.h. also Dienstleistungen der Natur für den Menschen, z.B. Zugang zu Wasser und Nahrung. Die Ziele des MAB-Programms sind nur finanzierbar und umsetzbar, wenn Schutzgüter und die Natur- und Kulturlandschaft vor Ort tatsächlich als wertvolle Ressource zur Lösung aktueller Probleme und sozioökonomischer Bedürfnisse von der Bevölkerung erkannt werden.
Bedeutung für Deutschland
Das nationale MAB-Komitee in Deutschland hat aus den internationalen Leitlinien nationale Kriterien zur Umsetzung von Biosphärenreservaten in Deutschland entwickelt. Wenn diese erfüllt werden, kann eine internationale und damit auch eine sehr bedeutende UNSESCO- Anerkennung erfolgen.
Biosphärenreservate auf Bundesebene und auf Landesebene
In Deutschland gibt es derzeit 18 Biosphärenreservate. Davon haben 18 eine UNSESCO Anerkennung und damit eine international anerkannte Auszeichnung als Naturjuwel. Ein Biosphärenreservat kann aber auch ausschließlich nach Naturschutzrecht ohne UNESCO-Anerkennung ausgewiesen werden.
Kartenübersicht der Biosphärengebiete in Deutschland (Quelle: Bundesamt für Naturschutz).
In Baden-Württemberg oder auch beispielsweise in Österreich wird nicht der Begriff Biosphärenreservat verwendet, sondern Biosphärengebiet oder Biosphärenpark. In Baden-Württemberg finden sich zwei Biosphärengebiete:
Auf nationaler Ebene werden die Interessen von Biosphärenreservaten, Natur- und Nationalparke sowie Wildnisgebiete durch die Dachmarke „Nationale Naturlandschaften“ vertreten.
Allgemeine Ziele eines Biosphärengebietes
- Erhaltung und Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen Land- und Forstwirtschaft unter Berücksichtigung der besonderen Wertigkeit von Natur und Landschaft
- Erhaltung und Weiterentwicklung von Flächen historischer landwirtschaftlicher Nutzungen (zum Beispiel Feuchtgrünland, Streuwiesen, Moorwälder, Weidehaltung, Flachsanbau) als wichtigstes Element der Kulturlandschaft
- Schutz und Erhaltung der für die Biodiversität wichtigen, vielfältigen und charakteristischen Ökosysteme
- Entwicklung von Anpassungsstrategien im Hinblick auf den Klimawandel
- Förderung eines nachhaltigen Tourismus
- Klimaschonende und nachhaltige Mobilitätskonzepte
- Wirtschaftliche, soziale und demografische Stabilisierung und Entwicklung der ländlichen Region
- Entwicklung und Stärkung einer kulturellen Identität
- Weiterentwicklung der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Wie sich diese Ziele nun auf die Region Allgäu-Oberschwaben ummünzen lassen, soll gemeinsam in Arbeitskreisen erarbeitet werden.
Die Bedeutung der Zonen in einem Biosphärengebiet
Um die verschiedenen Ziele und Funktionen in einem Biosphärengebiet umzusetzen, erfolgt eine räumliche Einteilung in drei Zonen.
Kernzone
In den Kernzonen – welche auf bereits bestehenden Naturschutzgebieten und auf öffentlichen Grundstücken liegen werden – hat der Natur- und Prozessschutz Vorrang vor der menschlichen Nutzung. Die naturnahen Ökosysteme sind Gegenstand von Forschungs- und Monitoringaktivitäten. Ausnahmen beispielsweise in Bezug auf Jagd oder Wandern sind möglich. Wie und ob ist abhängig von der Ausgangslage vor Ort und muss mit den lokalen Ansprechpartnern ausgehandelt werden. Außerdem sind Arbeiten für Forschung und Monitoring möglich.
Pflegezone
Um die Kernzonen herum finden sich die sogenannten Puffer- oder Pflegezonen, die wiederrum auf bestehenden Schutzgebieten wie beispielsweise Natura2000-Gebiete aufbaut. Diese haben das Ziel, Einflüsse in die und aus der Kernzone hinaus abzufedern. Sie sollen also einen sanften Übergang von der „Wildnis“ in Kernzonen und der üblichen Landnutzung darstellen. Sie können aber auch unabhängig von einer Kernzone bestehen und haben dann eine Trittsteinfunktion für Tier- und Pflanzenarten. In den Pufferzonen finden extensive und nachhaltige Landnutzungsformen in der Landwirtschaft, Viehzucht, Holznutzung, Jagd und Tourismus statt.
Wie und wo Kern- und Pflegezonen in unserer Region entstehen könnten, wird sorgfältig in den Gemeinden und mit Behörden abgeklärt. Welche Mindestanforderungen an die Zonen durch unsere Region gestellt werden, finden Sie hier.
Entwicklungszone
Die Entwicklungszone umfasst den Lebens- und Wirtschaftsraum der Menschen – darunter auch die konventionelle Landwirtschaft. Sie macht flächenmäßig in den größten Anteil aus (80 Prozent des möglichen Biosphärengebietes). Innovative Modellprojekte für eine ökologisch und sozioökonomisch nachhaltige Entwicklung der Region werden hier besonders gefördert und umgesetzt.